Ecclesiam meam
Kirche vor 1919
Kirche und Schule vor 1919
Grundsteinlegung am 18. April 1920
Kirche um 1930
Hochaltar um 1930

Innenansicht der Kirche um 1930

Kirchenraum in den 1930er Jahren



links: Büttstedt - rechts: Küllstedt
>>>Es folgt ein Bericht von mir aus dem Jahre 2010<<<
Vor 90 Jahre Grundsteinlegung unserer Pfarrkirche
Der 2005 erschienene Kirchen- und Kunstführer „Die Kirchen im Eichsfeld" erwähnt zwei Pfarrkirchen die dem heiligen Sebastian geweiht sind. Das ist neben der im Bistum Hildesheim gelegenen katholischen Pfarrkirche im untereichsfeldischen Rhumspringe, noch die im obereichsfeldischen zum Bistum Erfurt gehörige Pfarrkirche in Bickenriede.
Der 18. April 1920 ist Grund dieses Artikels. Die Grundsteinlegung unserer Pfarrkirche jährt sich dieses Jahr zum 90. Mal. Ein Grund um Rückschau zu halten.
Diejenigen, die dieses Ereignis noch miterlebt haben, kann man heute an einer Hand abzählen. Doch wie kam es zu diesem Tag, bzw. wie war die Vorgeschichte, die zum Neubau der Kirche führte.
Das 1499-1502 erbaute und 1730/35 restaurierte Gotteshaus war seit einem Jahrhundert wegen der stark vermehrten Bevölkerung gar nicht mehr ausreichend. Die alte Kirche bot etwa 550 Gläubigen Platz. Die Schulkinder hockten dem Geistlichen fast auf den Füßen. Schon Pfarrer Norbert Müller, der seit 1811 in Bickenriede wohnte und ehemals Klosterkaplan im Kloster Anrode war, nennt das Gotteshaus „ein zusammengeflicktes Gebäude", und es müsse in 50 bis 80 Jahren neu erbaut werden. Mehrmals hatte der Blitz in den Turm eingeschlagen; so 1720 und 1776. In diesem Jahre – 1776 – musste der Turm um 16 Fuß herabgekommen werden. Schon im Jahre 1712 wird von einem Turmbrand berichtet, bei dem auch 2000 Ziegeln erneuert werden mussten. 1876 beantragte der Kirchenvorstand, die Kirche zu vergrößern. Pfarrer Heinrich Arend – 1874-1907 - machte mit der Gründung des Kirchenbaufonds einen guten Anfang. Sein nachgezahltes Sperrgeld in Höhe von 4500 Mark, das ihm der Staat nach dem Kulturkampf nachzahlte, gab er großmütig dem neuen Fonds. Im Jahre 1886 eröffnete Pfr. Arend eine Klingelbeutelsammlung, die in den folgenden Jahren um einige hundert Mark wuchs. Als Pfr. Arend 1911 starb – er war jedoch nur bis 1907 Pfarrer in Bickenriede – vermachte er 15.000 Mark dem Fonds. Der hatte 1919 eine Höhe von 90.000 Mark erreicht.
Im Jahre 1908 begann der Neuernannte Pfarrer Ludwig Osburg mit der Eröffnung der Steinbrüche im Spitalsgraben und auf den sog. Büschen. Wagen für Wagen mit prachtvollen Steinen wurden von der jungen und alten Dorfbevölkerung auf den Kirchplatz gebracht. 1912 hatte man über 600 m³ fertig gestellt.
Nun musste man sich über den Bauentwurf, den Bauplatz und den Architekten einig werden, was damals eine schwierige Sache war. Der Pfarrer und ein Teil der Bevölkerung, wollten die ganze Kirche abreißen. Der Konservator und ein anderer Teil der Bevölkerung wollten vor allem den Turm erhalten. Daraufhin entschied sich der Pfarrer für das Zieh als Bauplatz; eine starke Gegenagitation war die Antwort. Die Skizzen mehrerer Architekten fanden keinen Beifall und es kam zu gewissen Spannungen in der Gemeinde.
Der einsetzende 1. Weltkrieg 1914, lähmte die kommenden Jahre einen Entschluss zu fassen.
Im Sommer des Jahres 1918 lernte Pfarrer Osburg auf einer Reise den jungen Münchener Architekten Anton Wagner kennen, dessen Pläne ihm sehr gefielen. Am 19. Oktober 1918 kam Wagner selbst nach Bickenriede und entfaltete vor dem erstaunten Kirchenvorstand seine feine Bauskizze in süddeutschem Barock. Das war etwas ganz anderes als die bisherigen Entwürfe! Die Gemeindeorgane stimmten zu und hielten auch an diesem Bauplan fest, als die Regierung und die Bischöfliche Behörde ihnen den Plan des Diözesanbaumeisters Matern aufnötigen wollten. Der war damit natürlich nicht einverstanden und forderte im Juli 1919 ein gewaltiges Honorar von zusammen 7.284,- Mark. Nach längerem Kampf erhielt er 5.600,- Mark. Nach Jahren des Stillstandes, wurden in der Flur wieder Steine gebrochen. Im Frühjahr 1920 wurde eine Volksversammlung aller Familienvorstände einberufen bei der 133 Stimmen für den Bau und 6 gegen den Bau aussprachen. Sieben Stimmen waren ungültig.
Am 2. Ostertag 1920 vollzog sich der feierliche Auszug aus der alten Kirche. Das Allerheiligste wurde in das Pfarrhaus gebracht. Der Saal des ehemaligen Gastwirts Büchner, den 1920 Gastwirt Bär übernommen hatte, diente künftig als Notkirche. Am 3. Ostertag begannen die Ausschachtungsarbeiten für den künftigen Neubau. Man umbaute die alte Kirche zunächst, bevor man sie abriss.
Am 18. April 1920 kam der Hochwürdigste Herr Kommissarius, Ehrendomherr von Paderborn und Pfarrer von St. Ägidien in Heiligenstadt, Hermann Osburg nach Bickenriede, um die feierliche Grundsteinlegung vorzunehmen. Die Kirche wuchs empor. Sie wurde aber sechs Meter kürzer als geplant, weil die Regierungsbauräte es durchgedrückt hatten, die Auszahlung der Überteuerungszuschüsse von 70.000,- Mark nur dann zu zahlen wenn dieses geschieht. Am 21. November 1920 wurde das Richtfest gefeiert. Der damals kranke Pfarrer Osburg konnte nicht so froh mit seiner Gemeinde feiern, wie er es gerne gewollt hätte. Zwei Monate später, am 22. Januar 1921 wurde er heimgerufen. Der erste Gottesdienst in der neuen – natürlich noch nicht fertigen Kirche – war das Requiem für Pfr. Ludwig Osburg. An der Südseite der Kirche, im Schein der himmlischen Sonne, fand er die Ewige Ruhe. Der Seelsorger hat sein Werk in Christus vollendet, aber der Bau noch nicht. Der Franziskanerpater Bonifatius Mande – ein gebürtiger Heiligenstädter – wurde Pfarrverweser in Bickenriede, solange bis ein neuer Pfarrer nach Bickenriede zog. Er widmete sich eifrig dem Ausbau der Kirche. Der Innenputz wurde getätigt und die Kirchenfenster wurden beschafft.
Der erst 33jährige Pfarrer Joseph Fütterer zog am 1. Juli 1921 als neuer Pfarrer in die neue Kirche ein. Er setzte das Werk fort. Man hatte damals vor den Turm um zehn Meter zu erhöhen, was die Regierung auch genehmigte, aber ein Teil der Dorfbewohner leistete starken Widerstand und der Ausgang der Inflation war damals nicht vorauszusehen.
Ein zweites Mal kam der Bischöfliche Kommissarius Hermann Osburg nach Bickenriede, um die feierliche Benediktion am 9. Oktober 1921, dem herkömmlichen Kirchweihfest, vorzunehmen. Die Kirchenkasse spendete den Bauhandwerkern 132 Liter Friedensbier und Festmusik für 732 Mark.
Drei Jahre später – am 25. August 1924 – fand die feierliche Konsekration der neuen Kirche statt. Dazu kam der Paderborner Weihbischof für das Obereichsfeld, Heinrich Hähling von Lanzenauer in unser Dorf. Bei dieser Gelegenheit wurde nach feierlichem Levitenamt und festlicher Predigt, auch die Firmung gespendet. Die Feier wurde durch schlechte Witterung leider beeinträchtigt.
Mit der Ausmalung der Kirche 1932, durch den Kunstmaler Baumann und Norbert Krohmer – beide aus München – war die Bauphase 1920/32 abgeschlossen.
Nebenbei sei noch folgendes erwähnt. Ungewollt stieß ich beim Durchforsten des „Mühlhäuser Anzeigers“ unter dem 18. Mai 1933, auch auf den Namen des Kunstmaler Norbert Krohmer, dessen Name ich gleich mit dem Bickenrieder Kirchenneubau 1920 in Verbindung brachte. Über ihn wird folgendes trauriges berichtet: „Im Krankenhaus zu Ershausen starb der Kunst- und Kirchenmaler Krohmer. Von Geburt war er Bayer und stammte aus München. Zu Beginn des Krieges kam er auf das Eichsfeld und malte in der Folgezeit über dreißig Kirchen im Eichsfeld aus. Seine zweite Kirche malte der damals 25jährige Krohmer (1914) in Wilbich. Der Auftrag kam vom damaligen Pfarrer von Großbartloff, Nikolaus Görich.“ Die Bekanntschaft Görichs mit Krohmer, aus seiner Wilbicher Zeit, war wohl der Ausschlag ihn nach Bickenriede zu holen.
Heute blicken wir stolz auf unsere schöne Kirche, die unsere Vorfahren errichtet haben. Sie zu erhalten und mit Leben zu füllen, ist unsere Aufgabe! „Der Eintritt ist frei.“
Quellenangabe:
Nikolaus Görich, Chronik des eichsfeldischen Dorfes Bickenriede 1934
Bernhard Opfermann, Gestalten des Eichsfeldes 1999
Zeitung „Mühlhäuser Anzeiger“ vom 18. Mai 1933
Kirche und Sakristei
Altarraum
Hochaltar
Hochaltar aus dem Jahr 1735
Der Taufstein ist der Grundstein christlichen Lebens
Kirchenpatron St. Sebastian
Orgelempore 1990

Orgelempore 2015